Banken und Finanzdienstleister stehen vor einem Umbruch, der durch Technologien wie Generative AI (GenAI) befeuert wird. Die Zahlen sprechen für sich: In einer aktuellen adesso-Umfrage von November 2023 gaben 63 % der befragten Bankführungskräfte in Deutschland an, dass ihre Institute bereits gut auf den Einsatz von GenAI vorbereitet sind. Doch die große Überraschung kommt jetzt: 60 % der Banken planten, GenAI-Lösungen innerhalb der nächsten vier bis sechs Monate zu implementieren. Das bedeutet, dass der Finanzsektor sich wesentlich schneller wandelt, als viele vermuten.
Die ersten Erfahrungen mit KI-Tools wie ChatGPT sind nahezu durchweg positiv. Über 75 % der Anwender:innen aus Banken berichten, dass der Einsatz von KI ihre Produktivität deutlich gesteigert hat, und für viele ist der tägliche Umgang mit diesen Technologien bereits Routine. Neue Berufsbilder und gefragte Kompetenzen entstehen deswegen in einem rasanten Tempo – von Data Analysts über KI-Spezialist:innen bis hin zu strategischen Berater:innen für digitale Transformation.
Die Frage ist, wie wir uns darauf vorbereiten. Welche Kompetenzen sind jetzt entscheidend? Und wie können sich Fachkräfte und Berufseinsteiger für die Zukunft rüsten? In diesem Artikel beleuchten wir die neuen Anforderungen an Berufsbilder im Finanzwesen und geben einen Einblick in die Kenntnisse, die gefordert sind oder werden. Doch nicht nur Tech-Skills sind gefragt. Um welche weiteren Kompetenzen es sich handelt, erfahren Sie in den folgenden Abschnitten.
Digitalisierung trifft aufs Finanzwesen: Eine Bestandsaufnahme
Die Digitalisierung ist zumindest in der Bankenwelt voll angekommen. War das klassische Bankgeschäft vor wenigen Jahren noch von physischen Filialen und Papierdokumenten geprägt, so spielt sich heute ein Großteil der Prozesse digital ab. Die Bundesbank betont, dass neue Technologien wie Blockchain, Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data tiefgreifende Veränderungen in den Geschäftsmodellen der Banken bewirken. Wie wir aus der adesso-Studie ersehen können, stellen sich die Finanzinstitute der Herausforderung, zumindest was GenAI angeht.
Banken haben also die Chancen der Digitalisierung längst erkannt. Laut einem weiteren Blogbeitrag von adesso sehen viele Banken die digitale Transformation als einen der wichtigsten Treiber für die Zukunft der Branche. Gut, diese Einsicht war abzusehen. Banken nutzen daher KI, um Kundenerlebnisse zu verbessern, Risiken zu analysieren und Prozesse zu automatisieren.
Doch die Digitalisierung betrifft nicht nur technische Prozesse. Es geht auch darum, wie Finanzinstitute künftig ihre Dienstleistungen gestalten und welche Kompetenzen die Mitarbeitenden dafür benötigen. Die Bundesbank weist darauf hin, dass Banken verstärkt auf digitale Plattformen und FinTech-Lösungen setzen, um flexibler auf Kundenbedürfnisse zu reagieren und effizienter zu arbeiten. Das zeigt zum einen, dass der Bedarf an Fachwissen rund um Technologie und Datenanalyse steigt. Zum anderen aber auch, dass es immer wichtiger wird, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und strategisch umzusetzen.
Die Digitalisierung verändert – wie in allen Bereichen – die Anforderungen an Mitarbeitende und Führungskräfte. Welche Positionen dadurch entstehen, schauen wir uns im nächsten Kapitel an.
Neue Berufsbilder: Welche Jobs entstehen im digitalen Finanzsektor?
Zahlreiche neue Berufsbilder entstehen, die das traditionelle Bankwesen erweitern und in manchen Fällen sogar ersetzen. Während Buchhalter, Controller und Finanzanalysten nach wie vor gefragt sind, wachsen die Anforderungen an die heutigen Finanzexpert:innen. Die Kombination aus profundem Finanzwissen und digitalen Kompetenzen ist wichtiger denn je.
Data Analysten und Data Scientists sind einige der neuen Rollen im Finanzbereich, die durch den digitalen Wandel entstanden sind. Banken und Finanzdienstleister verarbeiten riesige Mengen an Daten, von Kundeninformationen bis hin zu Marktentwicklungen. Diese Daten zu analysieren und daraus Entscheidungen abzuleiten, ist Teil fast jeder Unternehmensstrategie – und natürlich auch in der Finanzwelt. Entsprechend sind Fachkräfte gefragt, die mit den modernen Analysetools umgehen und komplexe Datenstrukturen verstehen können.
Der Digital Consultant ist ein weiteres Berufsfeld, das durch die Digitalisierung im Finanzsektor an Bedeutung gewonnen hat. Die Aufgaben dieser Spezialisten umfassen die Beratung von Finanzinstituten bei der Umsetzung digitaler Strategien, der Einführung neuer Technologien und der Optimierung von Geschäftsprozessen. Ihre Expertise liegt in der Verknüpfung von Finanzwissen mit technologischem Know-how und einem tiefen Verständnis für digitale Trends. Wie Adesso betont, setzen Banken vermehrt auf Digitalisierungsprojekte, um ihren Kundenservice zu verbessern und interne Prozesse zu automatisieren. Digital Consultants sind dabei die treibende Kraft hinter dieser Entwicklung.
Und wie wir jetzt wissen, werden natürlich KI-Spezialisten in der Finanzbranche zukünftig mehr nachgefragt. Künstliche Intelligenz wird Aufgaben wie Risikobewertung, Betrugserkennung und personalisierten Kundenservice übernehmen. Diese KI-Anwendungen müssen entwickelt und in bestehende Prozesse integriert werden. Kenntnisse in Machine Learning und Datenanalyse sind in diesem Bereich unverzichtbar. Adesso bestätigt auch hier, dass KI-Tools wie ChatGPT bereits von vielen Banken genutzt und als ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags betrachtet werden.
Selbst traditionelle Rollen wie Buchhalter und Controller haben sich gewandelt. Die Anforderungen an diese Positionen sind durch den Einsatz digitaler Tools gestiegen. Kenntnisse in spezialisierter Finanzsoftware und automatisierten Systemen sind mittlerweile ein Standard. In der Buchhaltung kommen beispielsweise automatisierte Buchungssysteme zum Einsatz, während Controller zunehmend auf Datenvisualisierungstools setzen, um Berichte und Analysen verständlicher und anschaulicher zu erstellen.
Hard Skills, die sich in der Finanzbranche auszahlen
Die Digitalisierung hat die Anforderungen an die benötigten Hard Skills erhöht. Berufseinsteiger und Fachkräfte benötigen eine Kombination aus klassischem Finanzwissen und digitalen Kompetenzen. Doch welche Hard Skills sind derzeit besonders gefragt?
Ein solides Verständnis von Bilanzierung, Controlling, Steuern und Finanzen bildet weiterhin die Basis für eine Karriere im Finanzwesen. Diese klassischen Kompetenzen werden durch digitale Fähigkeiten ergänzt, welche abhängig sind vom jeweiligen Bereich oder der Technologie, die zum Einsatz kommt. Kommen wir auf die Bundesbank zurück – diese hebt Technologien wie Blockchain, Künstliche Intelligenz, Cloud Computing und vor allem auch Cybersecurity hervor. Idealerweise gibt es dafür technische Expert:innen, die sich auf die Finanzbranche spezialisieren. Doch der Übergang von einer anderen Branche ist bei solchen Profilen die einfachste Hürde. Obwohl nicht alle Mitarbeitenden zu Programmierern werden müssen, ist ein Grundverständnis für die eingesetzte Technologie in bestimmten Bereichen von Vorteil, insbesondere für diejenigen, die in Bereichen wie Risikomanagement, Portfolioanalyse oder Finanztechnologie arbeiten.
Apropos Risikomanagement. Finanzfachkräfte müssen nun digitale Risiken wie Cyberangriffe und Datenschutzverletzungen managen. Hierzu wurde “DORA” ins Leben gerufen – der Digital Operational Resilience Act. Daher sind Kenntnisse im Bereich IT-Sicherheit und Compliance lebenswichtig. Mitarbeitende sollten die Fähigkeit besitzen, Risiken zu erkennen, zu bewerten und ggf. entsprechende Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Lesen Sie zum Thema Risikomanagement auch unsere anderen beiden Artikel: Ist es das Risiko wert? Gehaltsstrukturen im Risikomanagement 4.0 und Controlling meets Risikomanagement – Evolution in unsicheren Zeiten für Unternehmen
Abschließend sei betont, dass diese Hard Skills zwar wichtig sind, jedoch nicht isoliert betrachtet werden sollten. Gerade im Zuge von KI kommt die menschliche Komponente verstärkt in den Vordergrund, die über eine kundenorientierte Denkweise hinausgeht.
Soft Skills: Die Bedeutung von Kundenorientierung und Flexibilität
Die genannte menschliche Komponente sind Soft Skills, die den Umgang mit Kunden und die Anpassungsfähigkeit an neue Herausforderungen prägen. Der Erfolg im Finanzsektor hängt maßgeblich davon ab, wie gut Fachkräfte auf die Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden eingehen und sich in einem dynamischen Umfeld zurechtfinden.
Kundenorientierung steht dabei an erster Stelle. Ob im direkten Kundenkontakt oder in beratenden Funktionen – die Fähigkeit, komplexe finanzielle Sachverhalte verständlich zu erklären und maßgeschneiderte Lösungen zu bieten, wird immer stärker nachgefragt. Finanzdienstleister suchen nach Mitarbeitenden, die über kommunikative Stärke verfügen und imstande sind, Vertrauen aufzubauen. Vor allem in Berufen wie Finanzberater:in, Investmentbanker:in und Kundenbetreuer:in. Die hohe Nachfrage nach solchen Fähigkeiten zeigt, wie zentral der Fokus auf den Kunden in der Branche geworden ist.
Daneben spielt Flexibilität eine immer größere Rolle. Die Finanzwelt verändert sich in hoher Geschwindigkeit, angetrieben von Digitalisierung und neuen regulatorischen Anforderungen wie DORA. Daher müssen Berufseinsteigende und Fachkräfte bereit sein, sich ständig weiterzubilden und neue Technologien sowie Marktbedingungen einzustellen. Flexibilität bedeutet auch, in Teams effektiv zusammenzuarbeiten und sich auf unterschiedliche Projekte und Arbeitsmethoden einzulassen.
Diese Soft Skills ergänzen die digitalen und analytischen Fähigkeiten und machen Fachkräfte zu gefragten Personen im Finanzsektor. Wer Kundenorientierung und Flexibilität mitbringt, ist bestens für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Branche gerüstet.