In unserem letzten Insights haben wir uns mit dem Thema "Hybrides Arbeiten in der Rechts- und Finanzbranche" befasst. Heute gehen wir tiefer in die Materie und analysieren spezielle Herausforderungen sowie das Potenzial im Detail.
Starten wir zunächst mit den Herausforderungen. Diese sind die Gewährleistung von Datenschutz, Sicherheit, und Compliance sowie die erfolgreiche Anwendung von Remote Leadership.
Datenschutz und Sicherheit
Die Sicherung sensibler Daten in der Rechts- und Finanzbranche ist besonders kritisch. Damit steht sie besonders im Kontext hybrider Arbeitsmodelle vor enormen Herausforderungen. Eines der gravierendsten Probleme sind unautorisierte Zugriffe und Datenlecks – oft werden diese durch unzureichend gesicherte Netzwerke und Endgeräte verursacht. Mitarbeitende, die von zu Hause oder anderen ungesicherten Umgebungen aus arbeiten, sind besonders anfällig für solche Sicherheitsverletzungen. Hier kann es zum Diebstahl vertraulicher Informationen wie Klientendaten und Finanzberichte kommen.
Dazu gesellt sich eine unsichere Kommunikation über E-Mails oder Messaging-Apps als zusätzliches Risiko, da sensible Informationen ohne ausreichende Verschlüsselung leicht abgefangen werden können. Der Grund? Ein Mangel an regelmäßigen Sicherheitsschulungen für Mitarbeitende, was das Risiko für Sicherheitsverletzungen durch unachtsames Handeln erhöht. Zum unachtsamen Handeln gehört der physische Verlust oder Diebstahl von Geräten wie Laptops oder Smartphones. Im schlechtesten Fall kann das zu einem Zugang zu kritischen Geschäftsdaten führen, besonders wenn diese Geräte nicht durch starke Passwörter oder andere Sicherheitsmechanismen geschützt sind.
Und nicht zuletzt können Schwachstellen in der Software, die in der Rechts- und Finanzbranche verwendet wird, leicht zu Einfallstoren für Cyberangriffe werden. Denn nicht selten kommt proprietäre Software zum Einsatz, die über viele Jahre läuft und selten aktualisiert wird. Als Unternehmen müssen sie ihre Anwendungen (besonders wenn diese hochsensible Daten verwenden) regelmäßig aktualisieren und auf Sicherheitslücken überprüfen.
Compliance und regulatorische Anforderungen
Compliance und regulatorische Anforderungen sind zentrale Säulen in der Rechts- und Finanzbranche. Eine hybride und somit flexible Arbeitsumgebung stellt eine besondere Herausforderung dar, um hier strenge Vorschriften einzuhalten. Deswegen braucht es in einer hybriden Arbeitsumgebung klare Richtlinien, fortlaufende Schulungen und eine robuste technologische Infrastruktur, um eine durchgehende Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen.
Ganz oben auf der Liste der Anforderungen ist die Einhaltung von Datenschutzgesetzen. Unternehmen in der Rechts- und Finanzbranche müssen strenge Datenschutzgesetze wie die DSGVO einhalten – und das ist besonders herausfordernd, wenn Mitarbeitende über Ländergrenzen hinweg tätig sind und unterschiedliche Gesetze gelten. Ebenso kritisch sind Aufzeichnungspflichten und Dokumentation, da viele Dienstleistungen in diesen Branchen strengen Dokumentationspflichten unterliegen. Alle Transaktionen und Kommunikationen müssen lückenlos dokumentiert werden, um hier die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Und dass diese Informationen schnell zugänglich sind.
Die Gefahr des Insiderhandels oder der unzulässigen Weitergabe von Insiderinformationen nimmt ebenfalls zu, wenn Mitarbeitende remote arbeiten. Hier stehen Compliance-Abteilungen vor der Herausforderung, effektive Informationsbarrieren auch in einer dezentralen Arbeitsumgebung aufrechtzuerhalten. Betrugsprävention ist ebenfalls ein kritischer Bereich, insbesondere in der Finanzbranche. Digitaler Betrug kommt immer häufiger vor, daher ist das Erkennen und Minimieren von Betrugsrisiken wesentlich.
Global agierende Unternehmen müssen zusätzlich die Einhaltung internationaler Vorschriften gewährleisten. Dazu gehört, dass ihre Geschäftspraktiken internationalen Standards und Vorschriften, wie den SEC-Vorschriften oder dem UK Bribery Act entsprechen. Schließlich ist die Fähigkeit zur schnellen Anpassung an regulatorische Änderungen grundlegend, da die regulatorische Landschaft ständig im Wandel ist und Unternehmen agile Compliance-Strukturen benötigen, um zeitnah auf Änderungen reagieren zu können.
Remote Leadership und Management
Remote Leadership und Management ist in allen Branchen eine besondere Herausforderung und etwas, was nur die großen internationalen Unternehmen vor Covid kannten. Führungskräfte sind gefordert, ihre Teams effektiv zu leiten und zeitgleich auch die Zugehörigkeit und Produktivität aufrechtzuerhalten – ohne dass regelmäßige persönliche Interaktionen stattfinden. Eine der größten Herausforderungen ist die Aufrechterhaltung der Teamkohäsion und -bindung. Denn dies ist schwierig, wenn Interaktionen ausschließlich digital stattfinden und soziale Bindungen schwächer sind. Ohne regelmäßige und effektive Kommunikation fühlen sich Mitarbeitende häufig isoliert und weniger engagiert.
Kommunikationsbarrieren sind ein Grund dafür. Effektive Kommunikation ist fundamental, wird jedoch in einer remote geführten Umgebung komplizierter, wenn nonverbale Hinweise fehlen und technische Probleme wie schlechte Internetverbindungen oder unzureichende Ausrüstung die Kommunikation behindern. Zudem ist Leistungsüberwachung und Feedback eine Herausforderung. In der physischen Büroumgebung können Führungskräfte die Leistung ihrer Teammitglieder einfacher beurteilen und schnelles Feedback geben. Remote ist es schwieriger, Leistung effektiv zu überwachen und zeitnah konstruktives Feedback zu liefern – hier müssen sich Führungskräfte auf neue Metriken und Systeme verlassen.
Die Mitarbeiterentwicklung und -förderung benötigt in einem hybriden Modell zusätzliche Aufmerksamkeit. Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, individuelle Entwicklungspläne zu erstellen, die sowohl den Unternehmenszielen als auch den persönlichen Karrierezielen der Mitarbeitenden entsprechen, auch wenn diese physisch abwesend sind. Das ist eine weitere komplexe Aufgabe ist die Kultur- und Wertevermittlung. Führungskräfte müssen innovative Wege finden, um eine starke Unternehmenskultur zu bewahren und Werte zu vermitteln, etwa durch regelmäßige virtuelle Treffen, Teambuilding-Aktivitäten und offene Diskussionsforen.
Und dann ist da noch der Umgang mit Burnout und Employee Wellbeing. Remote-Arbeit kann zu einer Vermischung von Berufs- und Privatleben führen, was das Risiko von Burnout erhöht. Führungskräfte müssen sensibel für die Zeichen von Stress und Überarbeitung bei ihren Teammitgliedern sein und proaktive Maßnahmen ergreifen, um das Wohlbefinden zu fördern. Klare Richtlinien zur Arbeitszeit und Zugang zu Unterstützungsressourcen stehen hier an erster Stelle.
Hybrid Work Potenziale
Warum also den ganzen Aufwand betreiben? Es lässt sich die folgt beschreiben: Das Potenzial, was hybride Arbeit verspricht, löst andere aktuelle und gravierende Probleme für die Finanz- und Rechtsbranche und überwiegt somit die Herausforderungen. Hier geht es primär um Arbeitsflexibilität, einen globalen Talentpool sowie nachhaltige als auch zukunftsweisende Entwicklungen.
Erhöhung der Arbeitsflexibilität
Flexibilität am Arbeitsplatz belegt den 2. Platz auf der Rangliste der wichtigsten Dinge für Mitarbeitenden. In manchen Branchen verdrängt die Flexibilität sogar das Gehalt (Platz 1). Eine Erhöhung der Arbeitsflexibilität durch hybride Arbeitsmodelle bietet deswegen auch in der Rechts- und Finanzbranche zahlreiche Chancen. Zum einen steigert sie die Attraktivität als Arbeitgeber – besonders bei jungen Talenten und Fachkräften, die Wert auf Work-Life-Balance legen. Dies zieht hochqualifizierte Menschen an und fördert deren langfristige Bindung. Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, von unterschiedlichen Standorten aus zu arbeiten, erhöhen zudem die Employee Satisfaction und Produktivität. Unter anderem liegt es daran, dass Mitarbeitende zu ihren produktivsten Zeiten arbeiten können, was zu einer effizienteren Arbeitsleistung und zu einer stärkeren Bindung ans Unternehmen führt. Remote Leader werden also in dieser Beziehung wieder ein Stück weit entlastet.
Studien zeigen, dass Flexibilität auch Fehlzeiten reduziert, da die Angestellten ihre Arbeitszeiten besser an persönliche Bedürfnisse anpassen können und weniger durch starre Arbeitszeiten eingeschränkt und gestresst sind. Gleichzeitig fördert ein flexibles Arbeitsmodell auch eine inklusive Arbeitskultur. Ob Eltern, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder diejenigen, die geografisch weiter entfernt sind – Flexibilität öffnet die Türen für all diese Personengruppen. Und Inklusivität trägt deswegen auch zu einer diverseren Unternehmenskultur bei, die ihre ganz eigenen Vorzüge mit sich bringt.
Es ist höchst erfreulich zu sehen, dass wir fortschrittliche, anpassungsfähige und zukunftsorientierte Organisationsstrukturen entwickeln, die wir als Unternehmenswelt und Gesellschaft brauchen.
Erweiterung des Zugangs zu globalen Talenten
Eines der spannendsten Potenziale ist die Erweiterung des Zugangs zu globalen Talenten durch hybride Arbeitsmodelle. Diese Modelle brechen geografische Barrieren auf und ermöglichen es Unternehmen, weltweit nach den besten Talenten zu suchen. Dies erweitert den Talentpool fundamental und erlaubt es, Fachkräfte zu gewinnen, die sonst außerhalb ihrer Reichweite liegen würden – und das ist gerade in hochspezialisierten Bereichen so gefragt wie wertvoll.
Und das fördert zugleich die Vielfalt und Inklusion innerhalb von Teams. Menschen aus unterschiedlichen kulturellen und geographischen Hintergründen bringen neue Perspektiven und Ideen ein, die Innovationen und Problemlösung verbessern. Darüber hinaus können Unternehmen auch Kosten bei der Talent Acquisition reduzieren, indem sie Talente dort ansprechen und einstellen, wo die Lebenshaltungs- und Bürokosten niedriger sind (Geo-Arbitrage).
Bleiben wir beim Thema Internationalisierung. Hybride Modelle bieten eine agile Plattform für eine internationale Expansion – Unternehmen sind imstande, schnell Teams in neuen Märkten aufzubauen, ohne umfangreiche Investitionen in physische Infrastrukturen. Die erfolgreiche Integration globaler Talente in bestehende Teams verstärkt abermals die Innovationskraft und positioniert das Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber auf dem internationalen Markt.
Nachhaltige Entwicklung
Die nachhaltige Entwicklung durch hybride Arbeitsmodelle bietet in der Rechts- und Finanzbranche bedeutende Chancen – sowohl in Bezug auf ökologische Verantwortung als auch auf betriebliche Effizienz. Hier kommen mehrere Bereiche zusammen: Die Einhaltung von ESG-Standards (die einen direkten Einfluß auf den Unternehmenswert haben), Corporate Social Responsibility, EU-Richtlinien zur Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien oder das Lieferkettengesetz (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, LkSG).
Durch die Reduktion des Pendelverkehrs, einer der Hauptquellen für CO2-Emissionen (s. Abb. 1), können Unternehmen ihren ökologischen Fußabdruck signifikant verringern. Hybride Arbeitsmodelle ermöglichen es Mitarbeitenden, von zu Hause oder aus lokalen Büros (Coworking Spaces) zu arbeiten, was die Notwendigkeit täglicher Fahrten zum Hauptbüro drastisch reduziert und somit aktiv die Entstehung von Treibhausgase verhindert.
Zusätzlich fördert die Implementierung solcher Modelle eine umweltbewusste Kultur innerhalb des Unternehmens. Mitarbeitende sehen, dass ihr Arbeitgeber Wert auf Flexibilität und Nachhaltigkeit legt, was sie motivieren kann, eigene umweltfreundliche Praktiken zu adoptieren. Dies stärkt das Unternehmensimage als verantwortungsbewusste Organisation, verbessert die Beziehungen zu Kunden und Partnern und macht das Unternehmen attraktiv für potenzielle Talente, die Wert auf Nachhaltigkeit legen – und diese Gruppe an Talenten wächst.
Durch die Adaption hybrider Modelle leisten Unternehmen einen wesentlichen Beitrag zu globalen Nachhaltigkeitszielen und sind besser vorbereitet auf internationale Umweltstandards und -vorschriften. Auch wenn Länder wie die USA hier gerade unter Trump zurückrudern, ist es offensichtlich (und zwingend), dass wir diesen Kurs weiter und stärker verfolgen müssen in der Zukunft. Diese Konformität mit globalen Richtlinien positioniert das Unternehmen als Vorreiter in Sachen Umweltverantwortung und unterstützt die Einhaltung der bereits genannten Governance-Praktiken, die verstärkt in den Fokus von Investoren und regulatorischen Körpern rücken.
Hybride Arbeitsmodelle bieten somit erhebliche wirtschaftliche Vorteile und sind fundamental für die Förderung nachhaltiger Praktiken. Sie ermöglichen es Unternehmen, aktiv zum Umweltschutz beizutragen, ihre Betriebskosten zu senken und ihre nachhaltige Entwicklung zu stärken, was sie sowohl für Investoren als auch für einen größeren Talentpool attraktiv macht.
Fazit: Nachhaltigkeit und Flexibilität als Zukunftsfaktoren
Nachhaltigkeit und die digitale Transformation sind die Themen der 2020er Jahre. Das hybride Arbeitsmodell ist die Antwort auf diese Herausforderungen. Für lokale als auch internationale Unternehmen. Besonders in Europa müssen Organisationen ESG-Praktiken, Governance und Regulierungen im Auge haben. Auch die nachwachsenden Generationen verstehen die Ernsthaftigkeit der Lage und wenden sich von Unternehmen ab, die weniger verantwortlich handeln. Denn diese Unternehmen stellen die Zukunft von jüngeren Generationen aufs Spiel. Hier geht es weit über Employer Branding hinaus. Dadurch erhält die Unternehmensmarke einen bis dato unbekannten hohen Stellenwert. Denn so viel ist auch sicher: Flexibilität ist etwas, was wir als Menschen, unabhängig von unserem Alter, neben Sicherheit (=Gehalt) im Arbeitsleben am höchsten schätzen. Schaffen wir so eine Zukunft.
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